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Familienrechtliche Unterhaltsberechnung, KINDER ZUERST, PRIORITÄTENLISTE

Das Bundesgericht hat mehrere Leitentscheiden zum familienrechtlichen Unterhalt gefällt und Faustregeln aufgehoben oder aufgeweicht. Was ist die neue Rechtslage?

Teil 5

Wie berechnet sich der Unterhalt, wie der Bedarf? Wer kommt dafür auf?

Welche Prioritätenliste gilt, wenn der Bedarf aller nicht befriedigt werden kann? Bei wem oder was ist der Rotstift anzusetzen?

Berechnung des Unterhalts

Der Unterhalt für Kinder und Expartner sind nach der gleichen Methode zu berechnen. Die Höhe der Unterhaltsleistungen wird i.d.R. anhand der zweistufigen Methode mit Überschussverteilung berechnet (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_800/2019 vom 9. Februar 2021 E. 4.3; 5A_311/2019 vom 11. Nov. 2020 E. 6.6). Das Gesamteinkommen (Ehegatten oder Eltern, Kinder) und der Bedarf aller Betroffenen wird festgestellt. Verbleibt ein Überschuss, wird er nach Ermessen verteilt. Dies erfolgt nur nach grossen und kleinen Köpfen. Minderjährige Kinder haben einen halb so grossen Überschussanteil wie die Eltern (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_311/2019 vom 11. Nov. 2020 E. 7.3).

Bedarf, Existenzmimimum

Der Bedarf wird anhand der Richtlinien zur Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums ermittelt. Sind genügend finanzielle Mittel vorhanden, wird auf das familienrechtliche Existenzminimum erweitert, und Positionen wie Steuern, überobligatorische Krankenkasse (VVG) sowie grosszügigere Wohnkosten werden berücksichtigt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_311/2019 vom 11. Nov. 2020 E. 7.2 f.).

Keine Mankoteilung

Dem Unterhaltsschuldner ist stehts das Existenzminimum zu belassen, da es keine Mankoteilung gibt.

Prioritätenliste

Nicht immer kann der Bedarf aller Betroffenen befriedigt werden. Gemäss Bundesgericht gilt eine Prioritätenliste: Minderjährige Kinder zuerst, und zwar an erster Stelle der Barunterhalt für minderjährige Kinder, an zweiter Stelle der Betreuungsunterhalt. Danach erhält ein Ehegatte einen allfälligen ehe- oder nachehelichen Unterhaltsanspruch. Der Unterhalt für volljährige Kinder wird zuletzt berücksichtigt.

Barunterhalt, Betreuungsunterhalt

Geldunterhalt und Betreuungsleistung für ein Kind sind gleichwertig. Wer ein Kind betreut, also der Obhutsinhaber durch Pflege und Erziehung Naturalunterhalt erbringt, hat grundsätzlich nicht für dessen Kosten aufzukommen. Für den Barunterhalt kommt der Elternteil, der das Kind nicht wesentlich betreut, auf. Davon wird abgewichen, wenn der betreuende Elternteil finanziell bessergestellt ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_583/2018 vom 18. Jan. 2019 E. 5.1).

Volljährige

Beim Volljährigenunterhalt entfällt die Kinderbetreuung, weshalb beide Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dafür aufzukommen haben. Auszugehen ist vom familienrechtlichen Existenzminimum. Es besteht kein Anspruch auf Beteiligung an einem Überschuss.

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