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Erbrecht


ERBVERTRAG: ERBEINSETZUNGS- UND VERMÄCHTNISVERTRAG; ERBVERZICHTSVERTRAG ODER ERBAUSKAUF

Nicht alles Vermögen wird durch ein Testament oder, wenn ein gültiges Testament nicht auffindbar ist, durch die Regeln der gesetzlichen Erbfolge vererbt. Es gibt Alternativen zum Testament. Erbeinsetzungs- und Erbverzichtsverträge sind zwei Beispiele.

Was ist ein Erbvertrag?

Ein Erbvertrag ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen einem Erblasser und einer anderen Partei. Der Erblasser verpflichtet sich, ihm oder einem Dritten seinen Nachlass oder ein Vermächtnis zu hinterlassen.

Ausgangslage

Zu Lebzeiten kann der Erblasser unter Eigentum kaufen, verkaufen, ausgeben oder veräussern, wie es ihm beliebt, solange alle Schenkungen und Verfügungen von Todes wegen mit den Verpflichtungen des Erblassers aus dem Erbvertrag vereinbar sind. Andernfalls sind sie anfechtbar.

Neues, revidiertes Erbrecht (ab 1.1.2023), Bindungswirkung von Erbverträgen

Das revidierte Erbrecht schützt den Bedachten besser und sieht ab dem 1.1.2023 ein grundsätzliches Schenkungsverbot bzw. Verbot für lebzeitige Zuwendungen vor. Ausgenommen sind übliche Gelegenheitsgeschenke und Vorbehalte.

Nach Art. 494 Abs. 3 revZGB unterliegen Verfügungen von Todes wegen und Zuwendungen unter Lebenden, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke, der Anfechtung, soweit sie: (1) im Erbvertrag nicht vorbehalten worden sind; und (2) mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, namentlich wenn sie die ebvertraglichen Begünstigungen schmälern.

Handeln Sie und prüfen bestehende Erbverträge, ob sie mit dem neuen Erbrecht vereinbar sind.

In der Nachlassplanung ist dies zu beachten. Eindeutige Vorbehalte sind zu vereinbaren. Ansonsten riskieren Sie die Anfechtung wegen Erbvertragswidrigkeit und somit die Störung des Familienfriedens.

Neues revidiertes Erbrecht (ab 1.1. 2023), Verlust von Begünstigungen aus Erbvertrag

Ehegatten können unter Vorbehalt einer abweichenden Anordnung keine Ansprüche aus Verfügungen von Todes wegen erheben: nach der Scheidung, nach dem Tod eines Ehegatten während eines Scheidungsverfahrens, das den Verlust des Pflichtteilsanspruches des überlebenden Ehegatten bewirkt (vgl. Art. 120 Abs. 3 ZGB).

Folglich fallen unter diesem Umständen rechtsgeschäftliche Begünstigungen des Ehegatten oder eingetragenen Partners aus Verfügungen von Todes wegen von Gesetzes wegen dahin.

Ehe- und Erbvertrag

Ein Erbvertrag wird oft mit einem Ehevertrag kombiniert und ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen Eheleuten. Ein Erbvertrag eignet sich bei Patchworkfamilien, um den zweiten Ehepartner hinsichtlich Vermögensübergangs bei seinem Tod zu binden. Ferner kann mit Erbvertrag ein Ehepartner, mit dem Sie in zweiter Ehe leben, an Bedingungen knüpfen, um Streit mit Kindern aus einer früheren Ehe zu vermeiden. Wenn Sie Kinder haben und den anderen Elternteil verpflichten wollen, den Kindern beim Tod des zweiten Ehepartners Vermögen zu hinterlassen, kommt ein Erbvertrag in Betracht.

Unterschiede zwischen Testament und Erbvertrag

Drei grundlegende Unterschiede zwischen einem Testament und einem Erbvertrag sind, dass (1) ein Testament einseitig und (2) sein Inhalt nach Ihrem Belieben vertraulich ist. (3) Ferner ist ein Testament frei widerruflich.

Im Gegensatz dazu sind ein Erbvertrag und ein Ehevertrag ausgehandelte Vereinbarungen, die (1) gegenseitiges Einverständnis (2) nach erfolgter Offenlegung von Informationen erfordern. Alle erbrechtlichen Verträge sind notariell zu beurkunden und für die Unterzeichnenden verbindlich. (3) Mit anderen Worten haben alle Vertragsschliessenden einer Aufhebung eines Erbvertrages schriftlich zuzustimmen. Ein Ehevertrag ist sogar vor einem Notar aufzulösen, da ein früherer oder anderer Güterstand durch Ehevertrag vereinbart wird.

Erbverzichtsvertrag

Ein Erblasser und ein Erbe können auch einen Erbverzichtsvertrag abschliessen – mit oder ohne Gegenleistung. In einem Erbverzichtsvertrag erklärt sich der Verzichtende bereit, sich selbst (und seine Nachkommen) von der Erbschaft auszuschliessen, sofern nichts anderes vereinbart ist.

Erben verzichten aus zahlreichen Gründen auf das Erbe – manche aus persönlichen, manche aus praktischen.

Jemanden bevorzugen oder nicht. Sorgen Sie für Transparenz. Nehmen Sie den anderen Erben den Wind aus den Segeln.

Eine Bevorzugung von bestimmten Familienmitgliedern zu Lebzeiten hat oft einen guten Grund. Möglicherweise möchten Sie diese Bevorzugung bestehen lassen oder beheben. Zum Beispiel kann ein Kind besondere Aufmerksamkeit benötigt haben. Sie haben es vielleicht zehn Jahre lang länger gekleidet, ernährt und finanziert als seine Geschwister. Oder Sie haben nur einem Kind das Geschäft, die Ausbildung oder ein Haus finanziert. Vielleicht wollen Sie die Erwartungen des bisher begünstigten Kindes zurückschrauben und durch eine Neuverteilung des Vermögens nach dem Tod die «Fairness» wiederherstellen. Natürlich können Sie solche Festlegungen zu Schenkungen und Erbvorbezügen einseitig in Ihrem Testament regeln. Doch es gibt Gründe für Transparenz und Akzeptanz. 

Wertermittlung

Ein weiterer häufiger Grund für erbschaftsbezogene Verträge ist die Wertermittlung. Manchmal ist es für die Erben von Vorteil, sich im Voraus und schriftlich auf den Wert oder die Art und Weise der Bewertung eines unteilbaren, schwer zu bewertenden Vermögenswertes zu einigen, z. B. eines privat gehaltenen Unternehmens, eines Familienerbstücks oder eines “unbezahlbaren” Kunstwerks.

Gerade bei Kunstgegenständen im Schweizer Nachlass stellt sich die Frage, ob diese als steuerfreier Hausrat oder als steuerbare Vermögensanlage qualifiziert werden.

Verzicht auf den Pflichtteil

Der Anstoss für die allermeisten Testamentsalternativen ist der Verzicht auf einen oder mehrere Pflichtteile, die sonst gesetzlich vorgeschrieben sind. Es ist denkbar, dass ein Kind oder mehrere Kinder auf ihren Pflichtteil gegen eine vorher ausgehandelte Zahlung verzichten. Ein Pflichtteilsverzicht erfolgt durch einen unterschriebenen und notariell beurkundeten Vertrag.

Kurzzusammenfassung

Ist ein Nachlass unabhängig von den gesetzlichen Pflichtteilsansprüchen zu regeln, so kann ein öffentlich beurkundeter Erbvertrag geschlossen werden, sofern alle Betroffenen einverstanden sind und mitwirken. Beispielsweise können Nachkommen auf ihre Pflichtteilsansprüche verzichten. Oder Pflichtteilserben erklären sich mit einer Vor- und Nacherbeneinsetzung einverstanden. Oder mit Kindern aus erster Ehe wird ein Erbverzicht gegen Entgelt vereinbart. Oder ein Anrechnungswert wird festgesetzt, wie der Wert eines Grundstückes bei einem Erbvorbezug.

Benötigen Sie Unterstützung bei der Abwägung des Für und Wider eines Testaments und der verschiedenen vertraglichen Alternativen? Wollen Sie zur Feder greifen? Peinlich genau bis ins kleinste Detail? Ich kann dafür sorgen, dass Ihre Wünsche richtig formuliert und durchgesetzt werden. Rufen Sie mich für ein Beratungsgespräch an.

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