Zum Inhalt springen

Bewertung personenbezogener Einzelunternehmen

Die Bewertung von Unternehmen ist oft strittig, ob bei einer Scheidung, einer Erbteilung oder Nachfolgeplanung.

Konkret hatte das schweizerische Bundesgericht die Bewertung einer Praxis für Kieferorthopädie im Rahmen einer Scheidung zu beurteilen. Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen (Art. 211 ZGB).

Fortsetzung oder Liquidation

Ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen weitergeführt oder aufgelöst wird. Je nachdem wird auf den Ertrags- bzw. Substanzwert oder auf den Liquidationswert abgestellt. Welche Bewertungsmethode angewendet wird, untersteht dem richterlichen Ermessen, soweit sie nachvollziehbar und plausibel ist. Unternehmenszahlen sind stets um ausserordentliche Ereignisse zu bereinigen.

Personenbezogenes Unternehmen

Bei personenbezogenen Unternehmen kommt es auf die Unternehmerin an, auf ihren Einsatz und ihre Persönlichkeit. Das Vertrauen der Klienten steht im Vordergrund. Es stellt sich die Frage, ob die Ertragskraft des Unternehmens auf Dritte übertragbar ist. Für die Bewertung ist folglich zwischen personen- und unternehmensbezogener Ertragskraft zu differenzieren.

Unternehmensbezogene Ertragskraft

Die ausschliessliche personenbezogene Ertragskraft, die eigene Leistung des Unternehmers, hat einen Wert. Diese ist weder übertrag- noch realisierbar und daher nicht wertrelevant. Der Wert des Unternehmens ist daher ohne den Unternehmer zu bestimmen. Letztlich sind das eingesetzte Kapital, dessen Verzinsung und der Goodwill werthaltig (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_361/2022 vom 24. November 2022 E. 3.3.1.4).

Bei einer Praxis für Kieferorthopädie ist die Persönlichkeit der Unternehmerin ausschlaggebend. Ein Kundenstamm ist nicht einfach zu übertragen. Er ist daher auf dem freien Markt nicht realisierbar. Folglich ist der Wert des Unternehmens, ohne den Wert der persönlichen Leistung der Unternehmerin, zu ermitteln. Die Praktikermethode ermittelt den Ertragswert, unter Einschluss der Leistung des Unternehmers. Dies scheint vorliegend ungeeignet (vgl. BGer 5A_361/2022 E 3.3.4).

Im vorliegenden Fall verfügte das Einzelunternehmen über kein eigenes Kapital. Der Substanzwert betrug CHF 0. Also ist eine Entschädigung für den Goodwill festzusetzen. Es ist zu begründen, weshalb ein Käufer gewillt ist, einen bestimmten Betrag für einen schwer übertragbaren Kundenstamm zu bezahlen (vgl. BGer 5A_361/2022 E 3.3.4).

Fazit

Einzelunternehmen sind personenbezogen. Kunden einer Praxis sind nicht immer übertragbar.  Nur die unternehmensbezogene Ertragskraft ist realisierbar. Im Einzelfall ist mittels Gutachten der Preis zu ermitteln, den ein Käufer für den geschäftsbezogenen Goodwill zu zahlen bereit ist.

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial