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Heiraten als Nachlassplanung

Sachverhalt

Die Eheleute heirateten 2001, lebten seit 2016 getrennt und seit November 2018 war eine Scheidungsklage hängig. Bis zur Ansetzung der Hauptverhandlung dauerte das Verfahren vier Jahre und vier Monate.

Die Parteien waren Eigentümer von fünf Liegenschaften in vier verschiedenen Ländern. Die Finanzierung der Liegenschaften bzw. der Bauarbeiten daran waren umstritten, insbesondere wohin der Erlös aus Verkauf der geerbten Liegenschaften geflossen sei.

Der 83jährige Ehemann wünschte, seine langjährige Lebenspartnerin zu heiraten. Er lebe mit ihr seit rund fünf Jahren zusammen. Er sei bei schlechter Gesundheit: Er leide an zwei Krankheiten (Lungenkrankheit, Leukämie), die potenziell tödlich seien. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich.

Strittig

Strittig ist, ob ein Teilurteil im Scheidungspunkt zu fällen ist, während die Nebenfolgen (insbesondere die güterrechtliche Auseinandersetzung) später geregelt werden.

Prozessuales

Im November 2021 wurde die Ehe geschieden. Das Obergericht des Kantons Solothurns hob den Teilentscheid auf. Der Ehemann zog den Entscheid ans Bundesgericht weiter.

Rüge

Er rügte u.a., der Entscheid verletze sein verfassungsmässiges Recht auf Ehe (Art. 14 BV, Art. 12 EMRK) bzw. auf Wiederverheiratung.

Erwägungen

Es gilt der Grundsatz der Einheit des Entscheides, wonach im Entscheid über die Scheidung auch über deren Folgen zu entscheiden ist (Art. 283 Abs. 1 schweizerische Zivilprozessordnung). Gemäss Bundesgericht kann davon abgewichen werden, wenn beide Ehegatten zustimmen oder das Interesse eines Ehegatten an einem Teilentscheid überwiegt (5A_728/2022 vom 17. Mai 2023, E. 2.1.1).

Die Vorinstanz hob hervor, dass gerade der Ehemann eine höhere güterrechtliche Ausgleichszahlung erwarte. Deshalb habe er ein Interesse an einem baldigen Verfahrensabschluss (E 2.2).

Das Bundesgericht hielt fest, der Scheidungsgrund sei unbestritten. Die Vorinstanz habe das Interesse der Ehefrau an einem einheitlichen Entscheid höher gewichtet. Auch wenn der Ehemann zahlreiche Fristerstreckungen beantragte, sei dies nicht zu dessen Ungunsten zu berücksichtigen. Die lange Verfahrensdauer dürfe nicht den Parteien angelastet werden. Das Gericht habe den Prozess zu leiten und für einen effizienten Verfahrensablauf zu sorgen (E. 2.5)

Es seien fünf Liegenschaften zu entflechten, vier davon lägen im Ausland. Diese güterrechtliche Auseinandersetzung sei aufwändig. Differenzen können die Scheidung um mehrere Jahre verzögern.  Die Vorinstanz habe bei der Prognose der Verfahrensdauer das fortgeschrittene Alter des Ehemannes und die Lebenserwartung bzw. lebendbedrohliche Erkrankung ausser Acht gelassen. Der Wille des Ehegatten, seine langjährige Partnerin zu heiraten, sei berechtigt. Dessen Interesse an einer baldigen Scheidung überwiege diejenigen der Ehefrau, ein einheitliches Scheidungsurteil (Scheidung, deren Folgen) zu erlassen (E. 2.5)

Fazit

Die Ehe wurde geschieden.

Anmerkung

Heiraten als Nachlassplanung kann ein wichtiges Interesse für den Erlass eines Teilurteils sein.

Heiraten kann sinnvoll sein, um eine langjährige Lebenspartnerin abzusichern. Konkubinatspartner haben in der Schweiz keinen gesetzlichen Erbanspruch, Ehefrauen hingegen sind gemäss ZGB pflichtteilsgeschützt und bezahlen keine Erbschaftssteuern.

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