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Versteigerung von Erbschaftssachen

Wie sind Erbschaftssachen – wie Liegenschaften – zu teilen?

Sachverhalt

C verstarb am 29. Januar 2006. Er hinterliess zwei Töchter als gesetzliche Erbinnen. Seit 2007 ist ein Erbteilungsprozess hängig. Zwei 2.5-Zimmer Wohnungen – eine in Graubünden, eine im Tessin – gehören u.a. zum Nachlass.

Am 17. Januar 2018 ordnete das Erbteilungsgericht die Einholung von Verkehrswertgutachten zur Schätzung der Liegenschaften an. Dennoch verunmöglichte eine der Schwestern dem Gutachter den Zugang zur Liegenschaft.

Mit Entscheid vom 16. Mai 2019 wurde den Schwestern eine Frist zum freihändigen Verkauf der beiden Wohnungen eingeräumt. Ansonsten sei eine öffentliche Versteigerung vorzunehmen.

Das Kantonsgericht St. Gallen wies die Berufung mit Entscheid vom 27. Oktober 2021 ab.

Am 29. November 2021 gelangte eine der Schwestern an das Bundesgericht, und ersuchte zudem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Das höchste Gericht wurde nun zum zwölften (12.) Mal zur Klärung von Einzelfragen angerufen.

Streitfrage

Strittig ist die Anordnung der öffentlichen Versteigerung von zwei Liegenschaften.

Erwägungen des Bundesgerichts

Die gesetzlichen Erben können nach Art. 607 Abs. 2 ZGB die Teilung frei vereinbaren, wo nichts anderes angeordnet ist. Der Erblasser kann Vorschriften über die Teilung machen (vgl. Art. 608 Abs. 1 ZGB).

Bei Uneinigkeit der Erben und fehlender Teilungsvorschrift durch den Erblasser gelten die gesetzlichen Teilungsregeln. Erben haben grundsätzlich den gleichen Anspruch auf die Gegenstände der Erbschaft (vgl. Art. 610 Abs. 1 ZGB). Es erfolgt eine Teilung in natura. Aus den Erbschaftssachen sind Lose zu bilden. Die Verteilung der Lose erfolgt nach Vereinbarung oder Losziehung (vgl. Art. 611 ZGB).

Bei Wertverlust soll einem Erben die Erbschaftssache ungeteilt zugewiesen werden. Können sich die Erben über eine Teilung oder Zuweisung einer Erbschaftssache nicht einigen, ist diese zu verkaufen und der Erlös zu teilen. Der Verkauf kann auf Verlangen eines Erben mittels Versteigerung stattfinden. Können sich die Erben nicht einigen, entscheidet die zuständige Behörde nach Ermessen, ob die Versteigerung öffentlich oder intern unter den Erben stattfindet (vgl. Art. 612 ZGB).

Sämtliche Umstände des Einzelfalles seien zu berücksichtigen, gegebenenfalls auch nicht finanzielle Interessen (u.a. Verbleib des Eigentums in der Familie aus Pietätsgründen).

Eine öffentliche Versteigerung habe hingegen zwingend zu erfolgen, wenn keine der Erbinnen die Liegenschaft übernehmen wolle oder wenn bereits nur eine von ihnen nicht über die erforderlichen Mittel zum Erwerb verfüge (vgl. Entscheid des Bundesgerichts 5A_984/2021 vom 17. Mai 2022, E. 3.2).

Eine der Schwestern stellte jedoch einen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Bei prozessualer Mittelbarkeit sei eine Drittfinanzierung bereits vor unterer Instanz nachzuweisen. Die Klägerin unterliess es, mittels Zusicherungserklärungen den Nachweis zu erbringen, privat Kredite und Darlehen zu beschaffen. Ein Steigerungsverfahren sei nicht dazu bestimmt, eine nicht leistungsfähige und nicht übernahmewillige Person an der Versteigerung mitbieten zu lassen, nur um den Preis in die Höhe zu treiben (vgl. Entscheid des Bundesgerichts 5A_984/2021 vom 17. Mai 2022, E. 5.2).

Ergebnis

Die Anordnung der öffentlichen Versteigerung sei zulässig. Die Beschwerde wurde vollständig abgewiesen, das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen aussichtlosen Rechtsbegehren.

Merke

Eine private, einvernehmliche Erbteilung ist gegenüber einer gerichtlichen, mehrere Jahre dauernden Erbteilung zu bevorzugen. Erblasser können Teilungsvorschriften erlassen, damit einer Versilberung bzw. Vernichtung von Nachlasswerten Gegensteuer geben wird. Wahren Sie den Familienfrieden, sorgen Sie vor, verfassen Sie nach vorgängiger Beratung ein handschriftliches Testament.

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