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Ehevertragliche Vorschlagszuweisung und deren erbrechtliche Behandlung.

Bevorzugung des Ehegatten

Oft möchten ältere Paare zur Altersvorsorge und junge Paare mit Nachkommen und Hauskauf den anderen Ehegatten begünstigen. Dies ist u.a. durch ehevertragliche Vorschlagszuweisung möglich.

Ohne Ehevertrag

Für den überlebenden Ehegatten ist oft entscheidend, was er aus Güterrecht erhält. Ohne Ehevertrag unterstehen die Ehegatten grundsätzlich den Vorschriften über die Errungenschaftsbeteiligung. Gesetzlich ist eine hälftige Beteiligung am Vorschlag vorgesehen.

Mit Ehevertrag

Eine andere Beteiligung am Vorschlag ist durch Ehevertrag vereinbar. Beispielsweise kann bei Auflösung des Güterstandes durch Tod die Summe beider Vorschläge dem länger lebenden Ehegatten zugewiesen werden (sog. Überlebensklausel, Totalvorschlagszuweisung oder Vorschlagszuweisung). Nur das erblasserische Eigengut fällt in den Nachlass. Art. 216 ZGB duldet ein Sondererbrecht.

Ausgangslage

Unter geltendem Recht ist die erbrechtliche Behandlung dieser güterrechtlichen Begünstigung gemäss Art. 216 ZGB strittig, die Qualifikation als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder als Verfügung von Todes wegen, die Berechnung der Pflichtteile sowie die Reihenfolge der Herabsetzung.

Aktuell dürfen solche Vereinbarungen hinsichtlich überhälftiger Vorschlagszuweisung die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen (Art. 216 Abs. 2 ZGB). Was gilt gegenüber den übrigen Pflichtteilserben, den gemeinsamen Kindern?

Diesbezüglich gibt es einen Meinungsstreit, Auslegung 1 sowie Auslegung 2.

Auslegung 1

Gemäss Auslegung 1 bleibt für die Berechnung der Pflichtteile der gemeinsamen Nachkommen die Vorschlagszuweisung unberücksichtigt. Die Pflichtteilsmasse entspricht dem Eigengut. Folglich gibt es unterschiedliche Pflichtteilsberechnungsmassen für gemeinsame und nichtgemeinsame Nachkommen.

Auslegung 2

Auslegung 2 hingegen nimmt eine einheitliche Pflichtteilsberechnungsmasse für alle Pflichtteilserben an, da die überhälftige Vorschlagszuweisung immer erbrechtlich zu berücksichtigen ist. Gemeinsame Kinder können jedoch die ehevertragliche Begünstigung nicht herabsetzen. Ihnen bleibt zur Befriedigung Ihres Pflichtteils das im Nachlass befindliche Eigengut.

Praxis

In der Beratungspraxis – insbesondere in der Deutschschweiz – wurde mehrheitlich Auslegung 1 vertreten.

Revidiertes, neues Erbrecht

Das revidierte Erbrecht sieht nun (in der Endfassung) die überhälftige Vorschlagszuweisung im Sinne der Auslegung 1 vor.

Die über die Hälfte hinaus zugewiesene Beteiligung am Vorschlag wird bei der Berechnung der Pflichtteile des überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Partners, der gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht hinzugerechnet (Art. 216 Abs. 2 revZGB).

Eine solche Vereinbarung darf die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen (Art. 216 Abs. 3 revZGB).

Die Zuwendungen aus Ehevertrag werden als Zuwendungen unter Lebenden qualifiziert (vgl. Art. 532 Abs. 2 Ziff. 1 revZGB).

Schutz der gemeinsamen Kinder

Die Stellung des überlebenden Ehepartners wird im klassischen Familienmodell mit gemeinsamen Kindern gestärkt. Das (erblasserische) Eigengut fällt in den Nachlass. Dessen Wert ist zu ermitteln. Das vereinfacht und beschleunigt die Erbteilung. Eine Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten kann sich jedoch nachteilig für die gemeinsamen Nachkommen auswirken. Dem ist mit vertraglichen Schutzklauseln zu begegnen.

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