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Ist die Schenkung eines wertvollen Rubins an die Enkelin ausgleichungspflichtig oder nicht?

Rückgabeverpflichtung oder gewollte Bevorzugung bei Schenkung von Familienschmuck

Strittig ist, ob die Schenkung eines Rubins im Wert von USD 500’000.— der Erblasserin an ihre Enkelin zu Lebzeiten eine Begünstigung darstellt oder der Rubin an den Nachlass zurückzugeben ist. Die Tante der Enkelin verlangt im Erbteilungsprozess, dass Ihre Nichte den geschenkten Rubin auszugleichen habe, indem sie ihn nach Art. 628 Abs. 1 ZGB entweder zurückzugeben habe (in Natur einzuwerfen, sog. Realkollation) oder dem Werte nach anzurechnen habe (sog. Idealkollation).

Schenkung des Rubins in den Testamenten nicht erwähnt

Die Erblasserin hat zu Lebzeiten mehrere testamentarische Verfügungen errichtet. Dennoch ist keiner diese Schenkung des wertvollen Rubins zu entnehmen.

Schenkung von Familienschmuck zum Erhalt des Familienvermögens

Klar ist, dass die Erblasserin ihre Enkel hinsichtlich der Geschenke von jeglichen Verpflichtungen befreien wollte. Auch besteht kein Hinweis, dass diese Schenkung als Vorschuss auf das Erbe zu betrachten sei. Zu diesen Zeitpunkt konnte die Erblasserin nicht erahnen, dass die Mutter der Enkelin das Erbe ausschlagen würde. Die Schenkung des Rubins bezweckte den Erhalt des Familienvermögens innerhalb der Familie (vgl. BGer 5A_512/2019 E. 7.1, Urteil vom 28. Oktober 2019).

Meldepflicht

Bei Schenkungen des Erblassers an Nachkommen wie beispielsweise Heiratsgut, Ausstattung, Vermögensabtretung oder Schulderlass besteht nach Art. 626 Abs. 2 ZGB eine gesetzliche Meldepflicht, ausser der Erblasser habe ausdrücklich das Gegenteil verfügt. Solche Schenkungen gelten als Versorgungszuwendungen. Wer sich darauf beruft, hat dies zu beweisen (vgl. BGer 5A_512/2019 E. 7.3, Urteil vom 28. Oktober 2019).

Keine Meldepflicht, Bevorzugung gewollt

Nicht meldepflichtig hingegen sind nach Art. 626 Abs. 1 ZGB Schenkungen, denen kein Ausstattungscharakter zukommt, also weder der Existenzbegründung, -sicherung oder -verbesserung dienen, ausser der Erblasser sehe eine freiwillige Meldung vor. In diesem Fall nimmt das Gesetz an, dass der Erblasser die beschenkte Person zum Nachteil der Nachkommen begünstigen wollte (vgl. BGer 5A_512/2019 E. 7.3, Urteil vom 28. Oktober 2019).

Weitergabe von Familienschmuck – ohne Rückgabeanordnung

Die Schenkung eines wertvollen Rubins diente im vorliegenden Fall der Weitergabe des Familienschmucks. Den Versorgungscharakter der Rubinschenkung hätte die Tochter der Erblasserin beweisen müssen. Der Wert des Rubins allein sei nicht ausschlaggebend. Von einer vorweggenommenen Erbfolge sei nicht auszugehen, da keine Rückgabeanordnung nachgewiesen wurde. Folglich sei die Enkelin nicht verpflichtet, den Rubin an den Nachlass zurückzugeben (vgl. BGer 5A_512/2019 E. 7.4, Urteil vom 28. Oktober 2019).

Motorboot, Rechtsprechung

Im Jahr 1950 hat das Bundesgericht im «Motorbootfall» entschieden, dass für ein geschenktes Motorboot, welches als Sportgerät dem Zeitvertreib und der Erholung diene und keineswegs einem beruflichen Zweck, keine Ausgleichungspflicht bestehe (vgl. BGE 76 II 188, 199 E. 8.).

Merke

Grosszuwendungen mit Luxus- und Vergnügungscharakter unterliegen somit grundsätzlich nicht der Ausgleichung, da sie der Schenkungs- und nicht der Versorgungskollation unterliegen.

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