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Erbrechtsrevision (Teil 1), Gründe und Übersicht

Überblicken Sie die wichtigsten Änderungen, die ab dem 1. Januar 2023 gelten werden? Nutzen Sie bereits heute Ihre Gestaltungsmöglichkeiten in der Planung und unterziehen Sie bestehende Nachlassdokumente einem Check-up!

Gründe

Wie ein Kompass, der die Richtung anzeigt, hat das Gesetz die Realitäten abzudecken und ist den Trends anzupassen. Seit 1912 haben sich die Umstände geändert. Personen leben länger, Scheidungen nehmen zu, Zweit- und Drittbeziehungen werden häufiger, ebenso ein Zusammenleben im Konkubinat mit oder ohne Kinder. Solche Patchworkfamilien sind reale Beziehungen, ohne Verwandtschaftsstatus und ohne gesetzliches Erbrecht.

Übersicht

Reduktion des Nachkommenspflichtteils

Aufgrund dieser vielfältigen Familienformen wird der Erblasser Personen seiner Wahl (Unternehmensnachfolger, Ehegatten, Lebenspartner, eigene Kinder, Stiefkinder, wohltätige Institutionen) aufgrund der Reduktion der Pflichtteile bzw. der Erhöhung der verfügbaren Quote mehr begünstigen können.

Abschaffung des Elternpflichtteils

Neu werden die Eltern nicht mehr pflichtteilsgeschützt. Die Pflichtteile der Nachkommen werden reduziert. Die verfügbare Quote beträgt mindestens die Hälfte.

Ehegattenerbrecht sowie Ehegüterrecht bei hängigem Scheidungsverfahren

Neu entfällt bei Paaren in Scheidung der gesetzliche Pflichtteilsschutz bereits bei hängigem Scheidungsverfahren. Sie verfassen ein Testament, «enterben» den Ehepartner, indem Sie den Pflichtteil entziehen. Ansonsten bleibt das gesetzliche Erbrecht bis zum rechtskräftigen Scheidungsurteil bestehen.

Auch andere Erbvorteile aus Erb- oder Ehevertrag können künftig entzogen werden, wenn einer der Ehegatten während dem Scheidungsverfahren verstirbt.

Nutzniessung zugunsten des überlebenden Ehegatten

Aufgrund der Reduktion des Nachkomenspflichtteils ist es dem Erblasser möglich, der überlebenden Ehegattin neu bis zur Hälfte des Nachlasses zu Eigentum sowie die andere Hälte zur lebenslangen Nutzniessung zuzuweisen.

Ehevertragliche Vorschlagszuweisung

Ehegatten können in Eheverträgen vereinbaren, sich gegenseitig eine überhälftige Beteiligung am Vorschlag zuzuweisen. Die erbrechtlichen Folgen solcher Begünstigungen werden künftig als Schenkungen zu Lebzeiten betrachtet.

Reihenfolge der Herabsetzung

Die Herabsetzungsreihenfolge wird klargestellt, ebenso die Herabsetzungsberechnung und Reihenfolge bei ehevertraglichen Begünstigungen.

Bindungswirkung des Erbvertrages

Das geltende Recht ist bei Vermögensverfügungen nach Abschluss eines Erbvertrages liberal. Lebzeitige Schenkungen sind umstritten. Ohne Schenkungsverbot ist eine Schädigungsabsicht des Erblassers nachzuweisen. Neu sieht das revidierte Erbrecht ein Schenkungs- bzw. Zuwendungsverbot vor: Verfügungen von Todes wegen und Zuwendungen unter Lebenden unterliegen der Anfechtung, wenn sie mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag unvereinbar sind und nicht vorbehalten worden sind.

Gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a)

Leistungen der gebundenen Selbstvorsorge im Todesfall – ob Säule 3a als Banksparen oder Vorsorgeversicherung – werden künftig nicht in den Nachlass fallen. Sie sind bei der Berechnung der gesetzlichen Pflichtteile zum Vermögen des Erblassers hinzuzurechnen und unterliegen der Herabsetzung.

Unberücksichtigt

Diskutiert und ersatzlos gestrichen wurde ein gesetzlicher Unterstützungsanspruch bei unverheirateten Personen, welche im Konkubinat leben.

1. Januar 2023

Ab dem 1. Januar 2023 sind die neuen Bestimmungen des Erbrechts auf alle danach eintretenden Todesfälle anwendbar. Dies geschieht unabhängig davon, wann die Testamente und Erbverträge erstellt worden sind.

Rat

Berücksichtigen Sie das neue Recht bereits heute in der Nachlassplanung und unterziehen Sie die bestehenden Nachlassdokumente (u.a. Testament, Erbvertrag, Ehevertrag) einem Check-Up.

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